Vortrag zum Thema "Krankheiten und Schädlinge im Weinbau"

 „Einwanderer, Verschleppte, Neubürger – Gefahren für den Weinbau?“

Wer aber am vergangenen Montag (2. März 2020)  von den anwesenden Weinbrüdern (darunter auch einige mit Partnerinnen) mit der Erwartungshaltung ins Ordenshaus gekommen war, um einen Beitrag zum aktuellen Thema  „Migration“ zu hören, wurde schon nach den einführenden Worten unseres Ordensmeister Oliver Stieß eines Besseren belehrt. Dieser versprach  einen weinbezogenen Vortrag zum Thema „Krankheiten und Schädlinge im Weinbau“, vorgetragen vom Ehepaar Dr. Ulrike und Roland Ipach.

Der Ordensmeister versprach nicht zu viel: Mit ihrer knapp 90-minütigen (!)sehr anschaulichen Power-Point- Präsentation verstand es das Ehepaar, trotz Verwendung zahlreicher Fachtermini, auch  den weniger fachkundigen Zuhörern, einen interessanten Überblick darüber zu geben, welchen Gefährdungen der Weinbau ausgesetzt ist bzw. sein kann.

Sie unterschieden dabei drei Kategorien. Während eine Anzahl pilzlicher Schaderreger -darunter auch der Komplex der ESCA – schon seit langer Zeit bzw. immer bei uns vorhanden waren, kamen die ersten „Verschleppten“  vorwiegend im 19.Jahrhundert als  „ungewollte Mitbringsel“ im Zuge der  wachsenden Handelsbeziehungen aus Nordamerika nach Europa und Deutschland. Dazu zählen in erster Linie der echte und der falsche Mehltau, die Schwarzfäule, die Reblaus und der Kartoffelkäfer. Sie alle breiteten sich in Europa sehr rasch aus und führten zeitweise zu starken Schädigungen im europäischen Weinbau bzw. sogar zu starken regionalen Veränderungen der Anbauprodukte (z.B. vom Weinbau weg zum Mandelanbau auf Mallorca).

Zur Gruppe der „Neubürger“ zählen die Referenten all die Populationen von Pilzen und Tieren, die schon längere Zeit in Europa und Deutschland vorhanden waren und sich hier zwischenzeitlich durch Assimilation an die naturräumlichen und klimatischen Gegebenheiten  fest etabliert haben. Dazu zählen der Asiatische Marienkäfer, der anfänglich zur Blattlausbekämpfung eingesetzt wurde, die Mönchs-, Büffel- und Bläulingszikade, die Schmier- und Schildläuse (Wolllaus) und die Blattrollviren. Bei entsprechendem Befall können all diese „Neubürger“  zu Schädigungen der Weinrebe bzw. des Lesegutes ( z.B. durch den Marienkäfer) führen.

Dass sich unsere Winzer immer wieder auf neue Herausforderungen hinsichtlich der Schädlingsbekämpfung einstellen müssen, zeigt die rasche Ausbreitung neuer „verschleppter“ Populationen, die erst während der letzten Jahre für große Schäden in der Landwirtschaft, einschließlich Weinbau, angerichtet haben. Dazu zählt in erster Linie die Kirschessigfliege, die ein außerordentlich großes Gefahrenpotential für den Obst- und Weinbau darstellt oder das Feuerbakterium, das z.B. für immense Schäden im Olivenanbau Apuliens gesorgt hat und das Grauburgunder- Virus, das ebenfalls mittlerweile eine fast weltweite Verbreitung hat und zu einer Störung in der Entwicklung der Beere führen kann.

Zum Abschluss des Vortrags wies WB Ipach noch darauf hin, dass weitere schadenbringende „Einwanderer“  noch „vor der Haustür“ stünden. Dazu zählt er den Bakterienüberträger „Amerikanische Rebzikade“, die eigentlich die klimatischen Gegebenheiten im Bereich des 45.Breitengrades bevorzugt. Im Zuge  der Klimaerwärmung dürfte sie aber sicher den Weg nach Norden noch finden…!

Neben den Dankesworten an das Ehepaar Ipach für den sehr informativen Vortrag fand Ordenskanzler Karl Heinz Bauer noch abschließende treffende Worte, auch an die anwesenden Winzer gerichtet: „ Man müsste unsere Winzer eigentlich bedauern, aber auch bewundern und sich freuen, dass wir trotzdem noch einen so guten Wein trinken können!“

Der spontan einsetzende Applaus der Anwesenden bestätigte diese Aussage und manch einer genoss anschließend sein Glas Wein noch intensiver und mit anderen Augen…!